Aus der Praxis
- Anwendungsfelder
- Erfahrungsbericht
- Fallbeispiele
Care und Case Management werden in vielen Bereichen des Sozial- und Gesundheitswesens umgesetzt und unterliegen einer ständigen Entwicklung.
Beispielhafte Anwendungsfelder von Care und Case Management:
- Arbeitsmarktintegration
- Fit2Work
- AusbildungsFit
- Jugendarbeit
- Jugendcoaching
- Krankenhäuser und Entlassungsmanagement
- Primärversorgungseinheiten
- alle Settings der Langzeitpflege
- Hospiz- und Palliativbereich
- Arbeit mit Menschen mit Behinderungen
- Arbeit mit geflüchteten Menschen
- Sozialversicherungen
- Sozialberatungsstellen
- Reha-Geld
- Wiedereingliederungsgeld
- …
Ausgewählte Beiträge der ÖGCC, die in der Fachzeitschrift Case Management erschienen sind, werden hier als Download zur Verfügung gestellt.
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Beitrag | Autor | Ausgabe | Download pdf |
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,,Linked Care" Durchgehender Informationsaustausch in der extramuralen Versorgung | Alexander Eder | 2001 / 04 | |
„GES.UND"im oberen Mühlviertel in Oberösterreich | Doris Polzer | 2020 / 04 | |
Rahmenmodel zur Analyse und Planung professionellen Handelns nach Heiner am Beispiel der arbeitsmarktorientierten CM-Programme in Österreich | Michael Klassen | 2020 / 04 | |
Wer sagt, ob „das System" versagt? Care und Case Management als Motor für stärkere Patienten-/Klienten-Orientierung | Karin Rumpelsberger Reinhard Köhsler | 2020 / 04 | |
Case-Management in der Praxis - ein „Fall" für Netzwerk Hilfe | Karl Olzinger | 2006 / 04 |
Sie macht Hausbesuche bei älteren Menschen, berät pflegende Angehörige und ist die Schnittstelle zum – vor allem regionalen – Versorgungssystem: Als „Community Nurse“ ist Sarah-Verena Höfer im Bezirk Urfahr-Umgebung in Bad Leonfelden im Einsatz. Für die Menschen in der Region ist diese Form des Casemanagements selbstverständlich kostenlos.
„Community Nurses“ sind ausgebildete Pflegekräfte, die derzeit in einem Pilotprojekt des Bundes bis Ende 2024 in den Gemeinden aktiv sind. Dort stehen sie für alle Fragen rund um Gesundheit, Betreuung und Pflege zur Verfügung. „Wir möchten, dass Menschen so lang wie möglich gut daheim leben können. Zudem richten wir unser Augenmerk auf pflegende Angehörige und setzen dabei auch auf Gesundheitsförderung und Prävention“, erklärt Sarah Höfer.
Ihre Arbeit steht auf zwei Säulen: Case- und Care Management sowie Aktivitäten auf Gemeindeebene. „Leider holen sich viele Menschen erst Hilfe, wenn es schon zu spät ist. Viele Angehörige wollen die Pflege alleine schaffen. Dabei ist falsche Scham überhaupt nicht angebracht. Wir unterstützen nicht nur bei Verwaltung und administrativen Tätigkeiten, sondern stellen auch Kontakte etwa zu Betreuungseinrichtungen her. Denn pflegende Angehörige können zum Beispiel auch entlastet werden, wenn sie einmal zwei Stunden rauskommen“, sagt Sarah-Verena Höfer.
Auf Gemeindeebene zeigen die Community Nurses im Rahmen von Veranstaltungen auf, was beispielsweise für die ältere Bevölkerung getan werden kann. „Viele Seniorinnen und Senioren sind einsam oder isoliert. Es sollten daher Maßnahmen gesetzt werden, die gegensteuern, etwa in Form einer Tagesbetreuung“, so die Expertin. „Zudem sollte die Gesundheitskompetenz der pflegenden Angehörigen gesteigert werden. Denn viele wissen zwar, wo sie sich hinwenden könnten, trauen sich aber nicht.“ Die Community Nurses beraten, schulen und informieren kostenlos bei ihren präventiven Hausbesuchen, im besten Fall noch bevor Gesundheitsprobleme auftreten.
Ein Fall ist Sarah-Verena Höfer besonders in Erinnerung geblieben. „Eine Dame im Alter von 84 Jahren, körperlich noch fit, hat mich kontaktiert, da sie sich einsam fühlte und aufgrund ihres Alters Bedenken bezüglich ihrer zukünftigen Versorgung hatte. In einem ersten Gespräch stellte sich heraus, dass die Klientin ein gutes familiäres Netzwerk hat. Bei einem weiteren Gespräch wurde die Familie hinzugezogen, um Möglichkeiten für den Bedarfsfall besprechen und klären zu können. Gemeinsam wurde ein Vorsorgeplan erarbeitet, auf den sie im Notfall jederzeit zurückgreifen kann.“ so Sarah-Verena Höfer. Sie rät sich schon rechtzeitig Gedanken über die Versorgung und das persönliche Netzwerk zu machen und nicht erst dann, wenn es soweit ist.
Ausgleich zu ihrem Job findet die 32-jährige Community Nurse, die nach ihrer Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin den Master an der Fachhochschule Krems absolviert hat, bei Musik, beim Singen und natürlich mit ihrem Sohn. „Ich habe längere Zeit in der Psychiatrie gearbeitet. Dort lernt man gut, dass man Sachen nicht mit nachhause nimmt.“
Silke Naderer ist nicht nur stellvertretende Leiterin der ÖGK-Kundenservicestelle Perg, sondern auch mit Leib und Seele Case- und Care Managerin.
Seit 1993 arbeitet die 49-Jährige in der Sozialversicherung. Anfangs als Datentypistin, später als Verwaltungsangestellte in der Kundenservicestelle Urfahr. Dort kam sie auch mit „Netzwerk Hilfe“, wie das Case- und Care Management in der damaligen OÖGKK genannt wurde, in Berührung. „Beide Chefs waren Case Manager. Ich habe daher einen Einblick in ihre Tätigkeiten erhalten und bin neugierig geworden“, erzählt Silke Naderer. Sie entschloss sich, eine Ausbildung zur Case Managerin zu machen. „Diese Zeit war extrem prägend für mich. Ich habe ganz viel über mich selbst gelernt. Es war schön, über den Tellerrand blicken zu dürfen und zu sehen, dass es mehr gibt als die Angebote der Sozialversicherung.“
Seit ihrem Abschluss im Jahr 2010 hat die Pergerin unzählige Fälle betreut. 2015 kamen zu den sozialen Fällen von Netzwerk Hilfe auch viele Rehageld-Fälle dazu. „Dabei handelt es sich meist um psychische Krankheitsbilder. Bei den sozialen Fällen sind es ganz unterschiedliche Probleme – angefangen von Krebs und Behinderung über Gewalt bis zu Verkehrsunfällen. Da sind Männer und Frauen aller Altersgruppen vertreten“.
Im Case Management geht es immer darum, individuelle passgenaue Lösungen für die Problemlagen der Klienten zu finden. Für Silke Naderer ist der Job eine Herzensangelegenheit: „Es ist einfach genau meins“, sagt die 49-Jährige „Ich bin Begleiterin, Beraterin und übernehme Zuständigkeiten. Ich sehe mich als menschliches Bindeglied zwischen Versicherten und Dienstleistungssystem. Es ist wahnsinnig interessant und auch spannend, da man nie sagen kann, wohin der Weg führt“.
Manchmal ist es natürlich schwer, sich abzugrenzen, etwa wenn ein Klient stirbt. Damit ihr die Fälle persönlich nicht zu sehr nahegehen, hat Silke Naderer ein Ritual eingeführt. „Wenn nach jedem Arbeitstag die Schiebetüren der Kundenservicestelle hinter mir zugehen, sage ich mir, dass die Freizeit beginnt und die Arbeit auf meinem Schreibtisch bleibt. Das klappt fast immer.“
Ausgleich findet die Mutter eines Sohnes beim Wandern und in der Natur.
Steigende Energiekosten, höhere Mieten: Immer Menschen wenden sich an die „Individuelle Spontanhilfe“ des Roten Kreuzes in Wien. „Wir beraten und helfen Betroffene mit kleinen finanziellen Unterstützungen“, sagt Sozialarbeiterin Katharina Bousska, „Wir wollen im Rahmen der Einzelfall-Hilfe Menschen unterstützen, ihre Finanzen selbst in den Griff zu bekommen.“
Die Zahl der Menschen, die sich an die Spontanhilfe wenden, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Früher waren es hauptsächlich Personen, die ein Einkommen unterhalb der Mindestsicherungsgrenze haben und daher von Armut betroffen waren. „Jetzt kommen immer mehr Menschen, die grundsätzlich mehr Einkommen haben als die Mindestsicherung und bei denen es sich bisher immer ausgegangen ist, die Rechnungen zu bezahlen. Das ist nun eben leider nicht mehr der Fall. Auffallend ist, dass viele Frauen kommen, nicht nur Alleinerzieherinnen, sondern auch Verheiratete. Oft sind es die Frauen, die in dieser stark belastenden Situation aktiv werden“, sagt Katharina Bousska.
Einer der Gründe für die finanziellen Probleme liegt in den stark gestiegenen Energie- und Mietpreisen. „Für die meisten ist ein vierstelliger Betrag auf der Stromrechnung ein Schock. Mittlerweile sind bei vielen auch schon die Ersparnisse aufgebraucht, es geht sich finanziell nichts mehr aus. Die Menschen haben jetzt Probleme, die sich nicht nie hätten vorstellen können“, so die Sozialarbeiterin. „Denn jetzt geht es um existentielle Fragen – kann ich mir die Miete oder den Strom noch leisten?“
In solchen Situationen springt die Spontanhilfe ein. „Wir verteilen keine Almosen, sondern helfen Betroffenen einmalig mit einer finanziellen Unterstützung hauptsächlich für Miete und Energie. Wir unterstützen keine Möbelanschaffungen, übernehmen keine Kosten für Brillen, Zahnersätze oder Therapien“, erklärt Katharina Bousska. „Und wir beraten Betroffene. Das heißt, wir erheben zunächst den Ist-Zustand, erstellen dann einen Haushaltsplan, schauen etwa wie es mit der Kinderbetreuung oder gesundheitlich ausschaut und verweisen gegebenenfalls auf andere Stellen. Besonders Augenmerk wird in der Einzelfallhilfe daraufgelegt, die Betroffenen zu mobilisieren, selber Dinge anzugehen.“ So gibt es zum Beispiel bei der „Wien Energie“ eine Ombudsstelle, an die man sich wenden kann.
Um Menschen noch besser helfen zu können, arbeitet die Spontanhilfe des Roten Kreuzes seit einiger Zeit mit der Caritas und der Volkshilfe zusammen. Im Mittelpunkt stehen dabei soziale Beratungen und finanzielle Aushilfen.
Die Arbeit bei der Spontanhilfe gefällt der gebürtigen Kärntnerin Katharina Bousska sehr gut: „Es ist ein toller Job. Sehr berührend ist, wenn Menschen total verschlossen kommen und im Laufe des Gesprächs immer offener werden. Sie fühlen sich bei uns wertgeschätzt und merken, dass sie sich in keiner Einbahnstraße befinden.“
Sandra Pühringer ist seit 2017 Case und Care Managerin. Die gelernte Zahnarzthelferin hat ihren beruflichen Neubeginn nie bereut. Im Gegenteil: „Die Arbeit ist extrem interessant und fordernd“, sagt die 43-Jährige.
Ihre Laufbahn in der Sozialversicherung startete Sandra Pühringer 1999 als Zahnarzthelferin im Zahngesundheitszentrum Linz der damaligen OÖGKK. „Zwei Jahre später wollte ich etwas Neues machen und wechselte in die Verwaltung“, erzählt Sandra Pühringer. „Als Krankenbesucherin konnte ich mit Leuten reden, ihnen Unterstützung bieten und sie beraten.“ Etwas frustrierend war allerdings, dass Versicherte häufig nicht zuhause anzutreffen und daher viele Fahrten vergeblich waren.
Deshalb bewarb sich Sandra Pühringer erfolgreich um einen neuen Job mit mehr Kundennähe: „Als Mitarbeiterin der zentralen Einstufungsgruppe Krankengeld hatte ich viel mit Dienstgebern und Steuerberatern zu tun. Denn Lohnabrechnungen und Qualitätssicherung sind ganz wichtig, damit die Versicherten das Krankengeld in korrekter Höhe bekommen.“
Nach ihrer Babypause kehrte Sandra Pühringer wieder auf ihren alten Arbeitsplatz zurück, absolvierte die Dienstprüfung und beschloss einen neuerlichen Jobwechsel. „Im Herbst 2017 startete bei PROGES meine Ausbildung zur zertifizierten Case und Care Managerin“, so Sandra Pühringer. Neben Teilzeitjob und Tochter drückte sie ein knappes Jahr einmal monatlich drei Tage lang wieder die Schulbank. Auf dem Lehrplan standen unter anderem „Grundlagen des Case Managements“, „Regelkreis“, „Umgang mit psychischen Erkrankungen“, „Grundlagen der Kommunikation und Gesprächsführung“ sowie Rechtskenntnisse.
Jetzt ist Sandra Pühringer OÖ-Koordinatorin und Ansprechperson für Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer in der ÖGK sowie die Schnittstelle zu anderen Organisationen wie beispielsweise der Pensionsversicherungsanstalt.
Das Schöne am Beruf der Case und Care Managerin seien die vielen positiven Rückmeldungen. Sandra Pühringer: „Die Betroffenen sind dankbar, dass jemand da ist, sich um sie annimmt und zuhört. Das gibt mir viel und bestärkt mich“.